Was bisher Geschah

 

Presseartikel

 

 

èEdition Elf  

 

hände
 


Datum

Artikel

Veranstalter

21.04.2004

Barbara Macherius & Tatjana Bulava

„Wechselweise”

Scena

Burgdorf

03.03.2002

Kersten FlenterJunkieufer

Auf der Suche nach Sinn

Scena

Burgdorf

18.11.2001

Ralf Harner  „Orientierungsversuche zwischen Reykjavik und Wladiwostok“

Hat der Dichter eine Heimat?

Scena

Burgdorf

19.08.2001

Christine Kappe & Corinna Eikmeier: „Begegnungen mit Helena“

Absurde Begegnung mit Helena

Scena

Burgdorf

04.03.2001

Maarten Güppertz

Souverän und charmant mit einem ernsthaften Lachen

Scena

Burgdorf

16.07.2000

Csilla Szylagyi  „die Zeit atmet”  

Die Tiefen der menschlichen Existenz

Scena

Burgdorf

14.05.2000

  Elias O. Dunu „naked landskape

Afrikanische Lyrik und mehr

Scena

Burgdorf

26.03.2000

Mirko Buchwitz 

 Mythenmix

Scena

Burgdorf

23.05.1999

Christine Kappe  „2A“  

Handlung folgt dem Beziehungsreichtum der Worte

 Scena

Burgdorf

28.04.1999

Schrifttypen life II

Ein Wort-Klang-Erlebnis auf höchstem Niveau

Kontext

Hildesheim

13.02.1999

Junge Autoren lesen im Alelier Klaffke

Gedichte und Prosa über das Warten und den Zahnarzt

Andreas Klaffke

Burgdorf

19.11.1998

Schrifttypen life  I „Auf ein Wort“

Mit Spannung zur Kommunikation

Kontext

Hildesheim

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Text aus: Hildesheimer Allgemeine Zeitung 22.11.1998                                     

 

Mit Spannung zur Kommunikation

Lesereihe der Initiative „Kontext“: „Schrift-Typen live“ zum Ersten

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msotw9_temp0   HILDESHEIM. Vielseitig und kreativ präsentierten sich fünf junge „Schrift-Typen“ live im Spanier. „Auf ein Wort“ hatte die neue Literatur-Initiative „Kontext“ eingeladen. Und daß es nicht bei einem Wort bleiben würde, zeigte sich bereits in den ersten Minuten. In clubartiger Atmosphäre im kleinen Hinterzimmer der Gaststätte „Spanier“ bot sich dem dichtgedrängt sitzenden Publikum ein vielfältiges Programm.

  Als erster Autor stellte sich der Hannoveraner Mirco Buchwitz vor, der begleitet von sphärischer Musik ein düsteres Prosagedicht darbot Beeindruckend war dabei seine freie Vortragsweise und deren Verbindung mit Elementen der Performance. Der Autor und Verleger ZaunköniG aus Burgdorf gab einige seiner Gedichte zum besten. Er trug sie zurückhaltend vor, blieb dabei durch seine Lesart aber etwas im Hintergrund. Mit mehr Betonung hätten seine bildreichen kunstvoll gereimten Gedichte ihren Weg zum Publikum leichter gefunden.

 

Zart-emotionale Gedichte

 

feuerwerk blau 1image005Ohne Einleitung legte Dorothea Hillemann aus Hildesheim ein ausdrucksstarkes Gemisch aus kraftvoll-wütenden und zart-emotionalen Gedichten vor. Sicher und mit klarer Stimme erreichte sie die nachdenklich lauschenden Gäste. Mit stark zugespitzten Inhalten wühlte ein junges Prosatalent aus Hannover die Zuhörer auf: Melania Anastasiadou. Bereits im Alter von 24 Jahren hat sie ihren ganz eigenen Stil, bei dem die Hörer in einem gewaltigen Bilderstrom mitgerissen werden. Die schnelle Lesart ist ihren Texten angepaßt, und die metaphorischen Gedankenströme ihrer Figuren erfordern höchste Konzentration. Allerdings geriet die Lesung für diese Ansprüche etwas lang.

  Jens-Hendrik Grumbrecht ist der jüngste Autor: Neuartige Darreichungsformen verbildlichen seine Gedichte, erweitern sie durch Accessoires, transportieren sie mit unterschiedlichsten Gefühlslagen und traten in wechselseitigen Kontakt mit den Zuhörern.

  Im zweiten Teil des Abends zeigten sich Melania Anastasiadou, Jens-Hendrik Grumbrecht und Mirco Buchwitz noch einmal auf ihre jeweils eigene Art. Durch die Präsentationsmittel ergaben sich Spannung, Bewegung, Aktion und Kommunikation mit dem Publikum.

feuerwerk gelb 2 


Kein erkennbarer Dialog

 

feuerwerk gelb 2image011msotw9_temp0Den Abschluß bildete ein als „Dialog“ angekündigtes Duo-Ensemble mit Dorothea Hillemann und ZaunköniG. Im unregelmäßigen Wechseln reagierten sie mit Gedichten aufeinander. Einige davon blieben an der Oberfläche, andere, wie ein Liedtext der jungen Autorin berührten tiefgreifend. Unklar war gelegentlich, was die Texte miteinander zu tun hatten, ein Dialog war schwer erkennbar. Ganz am Ende schwangen sich die beiden auf „Schmetterlingsflügeln in ein bewegtes gelesenes Duett und rundeten die Veranstaltung auf diese Weise schwungvoll ab.

  Ein gelungenes Ereignis der Initiative „Kontext“, das den Auftakt zur Reihe „Schrift-Typen live“  bilden soll. Als zweite Veranstaltung im April planen die Organisatoren ein interdisziplinäres Ereignis aus Musik, Malerei und Literatur. Bleibt der gute Rat, den nächsten Abend etwas kürzer zu gestalten.

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Aus der Haz, Anzeiger für Burgdorf und Lehrte, 16.02.1999

 

 

Gedichte und Prosa über das Warten und den Zahnarzt

 

Junge Autoren lesen im Atelier Klaffke

 

 

Lyrik ist unzeitgemäß: Nur wenige Zuhörerinnen hatten sich mitten im Fasching die Zeit für eine Lesung genommen. Stefan Heuer, Dirk Strauch und Sannah Rosalin Blue stellten im Atelier Klaffke sehr unterschiedliche Arbeiten vor.

 

Heuer, der in der Jugendpflege der Stadt Burgdorf arbeitet, hatte sich für eine Kurzgeschichte entschieden. Sein Erzähler protokolliert im Vorbeigehen Beobachtungen und Begegnungen auf der Straße und nimmt unwirklich erscheinende Dialoge wahr. Unversehens vergehen ihm die Jahreszeiten. Auch einen Traum über einen Zahnarztbesuch und das eigene Sterben beschreibt der Burgdorfer Autor in der für ihn typischen Distanz. „Komisch, daß du immer krank wirst, wenn bei Opa im Garten was zu tun ist“, meint seine Mutter im Traum, und die Zuhörer lachen.

 

Der anschließende Text, den Heuer und ZaunköniG – im bürgerlichen Leben Dirk Strauch – gemeinsam vortragen, fordert ihnen besonders viel Konzentration ab. Es geht um Züge und Wale, um Evolution und Projektion. Der Sonettenkranz von Dirk Strauch enthält so viele bedenkenswerte Sätze, daß man sie gerne noch einmal nachlesen würde. Glücklicherweise hat der gebürtige Lehrter, der auch die Burgdorfer Literaturzeitschrift „Vogelfrei“ herausgibt, einige Gedichtbände mit eigenen arbeiten und Texten von schreibenden Kollegen mitgebracht. Vorerst lauschen die Gäste versunken. Am Ende fügen sich Sätze wie „Es blieb nur Gewohnheit vom Kult“ und „Ich drehe mich immer im Kreis“ zusammen mit Bildern wie „ein Topf mit verblichenem Kreppsaum“.

 

Sannah Rosalin Blue liest ihre komprimierte Lyrik lieber im Stehen und Gehen. Das Gedicht „Warten“, das sie erstmals bei einer Lesung in der Justizvollzugsanstalt Hildesheim vorgetragen hat, bekommt dadurch eine besondere Dynamik. Für einen Text mit dem Titel „Die Wand“ wirft die Hildesheimer Studentin ein paar wilde Pinselstriche auf eine vorbereitete Papierbahn. Im Hintergrund läuft ein Tonband mit Industrie- und Verkehrslärm. Den mißglückten Annäherungsversuch eines schleimigen Verehrers schildert sie in einer Kurzgeschichte mit überraschendem Ausgang.

 

In ihrer Unterschiedlichkeit ergänzten sich die Arbeiten der drei Jung-Lyriker aus der Region. Bei ihrer nächsten Lesung ist ihnen mehr Publikum zu wünschen. In Hildesheim haben Sannah Rosalin Blue und andere Autoren ihre Texte in einem Bus vorgelesen. Vielleicht lassen sich mehr Menschen auf Lyrik ein, wenn sie zu ihnen kommt.

 

 

Sabine Szameitat

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Text aus: Vollmond, Juni 1999.

 

Kultur vom Feinsten

 

Ein Wort-Klang-Erlebnis auf höchstem Niveau

 

feuerwerk blau 1feuerwerk blau 1Was die junge Literatur-Initiative KONTEXT gestern Abend in der Bischofsmühle darstellte, braucht den Vergleich mit Weltstadt-Literaturveranstaltungen nicht zu scheuen. Mit einer einfühlsamen, witzigen und zugleich professionellen Moderation von Frank Wolf und seiner Überleitung zu Andreas Steinert, der den Abend mit seinem Gitarrenspiel umrahmte, wurde den Gästen in der bis zum letzten Platz besetzten Bischofsmühle klar, daß sie sich bei dieser Veranstaltung auf einen Rundum-Wohlfühlabend eingelassen hatten.

 

Rosalin Blue (Susanne Fiessler) begeisterte mit der szenischen Darstellung ihrer teils skurilen und expressiven, teils auch gefühlsbetonten Gedichte. Als besonderes Experiment hat sie sich an diesem Abend auch auf Prosa eingelassen, „ein Versuch, der sich unbedingt wiederholen sollte.“ war die einhellige Meinung des Publikums!

 

Michael Demuth, ein junger Künstler, der mit Sensibilität, feinem manchmal hintersinnigem Humor und durchklingender Liebe zu Kindern sein Märchen über einen Kobold in hervorragender Weise darstellte, bot der Veranstaltung einen nächsten Höhepunkt. Andreas Steinert schloß sich mit seinen politisch-lyrischen Gedichten auf der Gitarre an und bot damit das nächste Highlight, bevor das Publikum in eine durch rege Diskussion und begeisterte Freude geprägte Pause entlassen wurde.

 

feuerwerk bunt Mit exzellent inszenierten Gedichten und hervorragender Darstellung zog Jürgen Witczak die Zuschauer sogleich wieder in seinen Bann, und wer glaubte eine weitere Steigerung des Hörgenusses sei nicht mehr möglich, sah sich DAN mit ihrer „Lyrik vom Seziertisch“ gegenüber. Die junge Künstlerin, mit bundesweitem Bekanntheitsgrad, als die Krönung des Abends zu bezeichnen, wäre allen Darstellern gegenüber ungerecht, denn jeder auf seine Weise ist ein Künstler auf höchstem Niveau. Das Publikum belohnte DAN mit tosendem Beifall. Der Maler Cherubin fing die Stimmung des Abends mit seinen Bildern ein und rundete damit den Kunstgenuß ab.

 

Für Licht und Fotografie zeichneten Petra Malin Salisch und Klaus Seidel verantwortlich und rechtfertigten damit ihren Anteil an dem rundum gelungenen Abend. Das erheiternde Zusammenspiel des Tontechnikers Tobias Bosse mit den Akteuren darf nicht unerwähnt bleiben. Der Zuschauer hatte den Eindruck einer miteinander trefflich harmonierenden Gruppe junger Menschen. Ein riesiges Lob und Dankeschön an die Gruppe KONTEXT kam seitens der Besucher zum Ausdruck, „wir hoffen auf mehr“ war der Tenor der Veranstaltung.

 

Irene Thies

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Text aus: HAZ – Anzeiger für Burgdorf und Lehrte 27.05.1999                           

 

Handlung folgt dem Beziehungsreichtum der Worte

Scena“-Literaturreihe: Christine Kappe las im Atelier Klaffke aus ihrem Kurzroman „2A“

 

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Christine KappeEinem grünen Pfeil konnten die Literaturfreunde von der Bahnhof- in die Rolandstraße folgen, wo der „Scena“-Vorsitzende Matthias Schorr persönlich die Gäste der Lesung in den Hinterhof und weiter über die Freitreppe ins Atelier Klaffke führte. Doch zu oft mußte er die Stufen nicht nehmen. Inklusive des gastgebenden Malers, der Autorin Christine Kappe und seiner selbst waren es am Ende sieben Personen – genauso viele wie in „2A“, dem romantisch-absurden Kurzroman der 28jährigen Hannoveranerin.

feuerwerk gelb 2   Für die, die sich aufgemacht hatten zu lauschen, wurde die jüngste Auflage in der Literaturreihe des Kulurvereins Scena  „Wort am Sonntag“ trotzdem ein großer Spaß. Mit viel Sinn für Humor und Skurriles, immer den absurdesten Wortbezügen auf der Spur, hat Christine Kappe eine surreale, fast platonische Siebenecks-Beziehungsgeschichte geschrieben.

   Aus der Sicht der Erzählerin lernt man sechs Männer kennen. Den Nachbarn zum Beispiel hinter seiner Fensterscheibe vis-a-vis, dem sie selbst die Stimme gibt, um Gedanken mit ihm auszutauschen. Oder Södan mit der glatten Haut, der aus dem Meer kommt, wo es am tiefsten ist: „Die Fische in seinen meerblauen Augen fraßen sich gegenseitig die Köpfe ab.“ Und da zeiht sich die Ich-Erzählerin selbst der  „Taktlosigkeit der Erinnerung.“ Am Ende verliert der Zuhörer den Boden unter den Füßen, als sich die Frau als Erfindung ihrer sechs Männer zu erkennen gibt.

feuerwerk blau 1   „Surrealisten sind meine großen Vorbilder“, verriet Christine Kappe nach dieser Lesung kein Geheimnis mehr, Boris Vian sei ihr vielleicht der liebste unter ihnen. Der Titel der Liebesgeschichte „2A“ ist die Bezeichnung einer der vielen möglichen Variationen der verzwickten Beziehungen zwischen Handelnden.

   Unterwegs in der Region durch Buchgeschäfte, Cafes und Freizeitheime ist Christine Kappe zur Zeit auch mit „Variationen der Stille“, einer szenischen Lesung mit Musik. Nach ihrem Germanistikstudium und einem Literaturförderpreis der Stadt Leipzig hat sie sich mit Lesungen im hannoverschen „Literarischen Salon“ sowie in der freien wie der etablierten Theaterszene getummelt. Leben kann man davon nicht, siehe die bescheidene Zuhörerkulisse in Burgdorf. Ihr Geld verdient die junge Frau ganz unliterarisch in einer Druckerei.

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feuerwerk blau 1Aus der HAZ – Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 28.März 2000     

 

Mythen-Mix zwischen Gott und Pac-Man, Marx und rosa Duracellhäschen

Scena-Lesung mit Mirco Buchwitz

 

feuerwerk blau 1feuerwerk blau 1image003Erstmals in den frühen Abendstunden, nicht am Vormittag wie bisher, fand am Sonntag eine Lesung der Scena-Lesereihe, dem "Wort am Sonntag", statt. Bedingt durch diese Tatsache, aber auch durch einen gewissen Bekanntheitsgrad, den sich Mirco Buchwitz in den letzten Jahren durch zahlreiche Lesungen in der Region erarbeitet hat, fanden immerhin gut zwanzig Literaturinteressierte den Weg ins Burgdorfer Stadtmuseum, um den Geschichten des 25jährigen Hannoveraners zu lauschen.

     Und das Publikum sollte etwas geboten bekommen. Als "Mythenmix zwischen Marx und Pacman, zwischen Gott und rosa Plastikhäschen" war sein literarisches Schaffen angekündigt worden, und wer diese Ankündigungen für überzogen gehalten hatte, sollte schon bald eines Besseren belehrt werden. Aus dem Rücken der ZuhörerInnen erschien Buchwitz zum ersten Text, einem an einem Handy immitierten Dialog mit einem Freund, den er zunächst in überzeugtem Ton dazu aufforderte, sich mehr um globalpolitische Problematiken als um seine privaten Angelegenheiten zu kümmern, um bereits kurz darauf selbst in selbstmitleidige Aufarbeitung seines Privatlebens zu verfallen. Nachdem zum Entzücken des Publikums eine Tüte mit Schaumgummi-Erdbeeren durch die Reihen gegangen war, trat das rosa Plastikhäschen in Aktion, verwickelte den Hannoveraner in einen Dialog und überredete ihn zu einem Tausch, während dem der Erzähler nach und nach um ein Gliedmaß nach dem anderen gebracht wird, um sich schließlich selbst als Hase vor dem Badezimmerspiegel wiederzufinden. Eine skurille Geschichte folgt auf die nächste, wird präzise betont, gestenreich und ohne einen Blick auf ein Manuskript vorgetragen. Ein Grundtenor, ein roter Faden, an den sich der Autor zu halten versucht, ist nicht auszumachen. Die Männer in seinen Texten zeigen nur ungern ihre wahren Gefühle, persiflieren sich und das Machotum durch Aussprüche wie "Nein, nein, ich weine nicht. Das ist Angstschweiß, der mir aus den Augen rinnt." Erfrischend abwechslungsreich kombiniert er die spätachtziger Schmuddelshow "Tutti-Frutti" mit Naturlyrik von Hesse, philosophierend erzählt er von seinem intensivsten Naturerlebnis (als er einmal auf LSD an einen Baum urinierte), wobei er "der Versuchung zu widerstehen hat", sich dabei in die Wiesenlandschaft zu stellen, die als Dekoration zur momentan im Museum stattfindenden Aue-Ausstellung angelegt ist.

feuerwerk gelb 2     Auf eine kurze Pause folgen zwei längere Texte, die Buchwitz, ungewohnt für seine Zuhörerschaft und sich selbst, abliest. Beide Geschichten, eine von ihnen ein Auszug aus einem geplanten Roman, sind etwas härter in ihrer Wortwahl, geradliniger als die ersten Texte der Lesung. Aber auch damit kann er überzeugen. Buchwitz ist sich seiner Sache sicher, sicher auch im Vortrag und im Dialog mit seinem Publikum, das er an einigen Stellen mit einbezieht und sogar dazu auffordert, ihn auf Handzeichen hin mit einem Seufzen zu begleiten. Seit Jahren spielt und singt er in den verschiedensten Musikformationen, zur Zeit bei der Gruppe "Spielstation", mit der er im Februar das Veranstaltungszentrum "Silke Arp" in Hannover ausverkaufen konnte.

     Nach eineinhalb Stunden fand die Lesung in verdient langem Applaus ihr Ende, und ein wenig schade war es dann auch noch - allerdings nur für diejenigen, die nicht zu der Lesung gekommen waren.

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Stefan Heuer

 

 

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Aus der HAZ – Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 17. Mai 2000                                   

 

 

Afrikanische Lyrik und mehr

Stadtmuseum: Scena-Lesung mit Elias Dunu

 

 

dunuNever change a winning time. Dieser aus dem Sportbereich entliehenen, etwas abgeänderten Weisheit folgend, hatten die Organisatoren des Kulturvereins Scena nach der gut besuchten "Wort am Sonntag"-Lesung im April, auch die Mai-Lesung der Veranstaltungsreihe in die frühen Abendstunden gelegt. Dass eine angenehmere Uhrzeit und ein guter Autor nicht zwangsläufig eine große Zuhörerschaft mit sich ziehen, blieb als Erkenntnis, denn mit den Feierlichkeiten des Muttertages und hervorragendem Biergartenwetter hatte die Veranstaltung eine starke Konkurrenz. Eine zu starke Konkurrenz, wie sich herausstellen sollte, denn nur 5 Zuhörer lauschten den Versen des Nigerianers am vergangenen Sonntag.

feuerwerk buntfeuerwerk gelb 2     Dunu, 1961 im Tschad geboren, flüchtete als junger Erwachsener vor dem im Tschad ausbrechenden Bürgerkrieg nach Nigeria. Dort studierte er deutsche, englische und schwarzafrikanische Literatur. Nach erweitertem Studium und Promotion in Deutschland kehrte er nach Nigeria zurück und lehrte Deutsch an der Universität von Nsukka. Trotz längerer Auslands-Aufenthalte verlor er die politischen und sozialen Mißstände in Nigeria, seinem "Heimatland", nie aus den Augen. Schon früh engagierte sich Elias Dunu in der nigerianischen Bürgerrechtsbewegung United Democratic Front of Nigeria (UDFN), deren Sprecher er von 1997 bis 1999 in Deutschland war, und in deren Vorstand er noch heute tätig ist.

feuerwerk bunt     Die politische Motivation seiner Texte wird auch an diesem Abend schnell deutlich. Zwar sind die Gedichte sensibel genug, dem Publikum die Mißstände seiner Heimat nicht mit dem Holzhammer aufzuzeigen, die Problematik schwebt jedoch latent über den Texten. Viele der Gedichte spiegeln die Hoffnung auf Veränderung wider, rufen zum Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt auf. In Dunus Worten: "Sei nicht ein leiser Flötenspieler inmitten der Menge /  Jedoch das unbezwingbare Heulen eines Sandsturms". Aber Dunu kann auch anders, streut Liebesgedichte und lyrische Beschreibungen seines Kontinentes ein.

     Der seit neun Jahren in Hannover lebende Autor liest in ausgezeichnetem Deutsch, sehr betont. Die vorgetragenen Gedichte entstammen ausnahmslos seinen bisherigen beiden Lyrik-Publikationen, dem 1995 erschienenen, zweisprachigen Band "Inner Slums" (dtsch: "Herznebel"), sowie dem 1998 veröffentlichten Buch "Naked Landscape", für das er ein Jahr später den nigerianischen Lyrik-Preis erhielt.

     Nach gut 50 Minuten beendet der in afrikanischem Gewand ("Ashuoke") gekleidete 38-jährige Autor den eigentlichen Teil der Lesung, steht dann aber noch ausgiebig für Fragen zu seinen Texten, zu seiner Person und zur aktuellen politischen Situation in seiner Heimat zur Verfügung. Zurück bleibt die Erinnerung an einen gelungenen und informativen Abend sowie die Hoffnung, dass das vielseitige literarische Scena-Programm bei der nächsten Lesung im Stadtmuseum mit mehr Zuhörern belohnt wird.

 

Stefan Heuer

 

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Text aus: HAZ-Anzeiger für Burgdorf und Lehrte. 9.7.2000                        

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Die Tiefen der menschlichen Existenz

Burgdorfer Stadtmuseum: Scena-Lesung mit Csilla Szyilagyi

 

Ein gutes Dutzend Zuhörer hatte sich auf der Galerie des Burgdorfer Stadtmuseums eingefunden, um bei der nunmehr zehnten Lesung der Scena-Reihe „Wort am Sonntag" zeitgenössische Literatur und deren Autoren kennen zu lernen. Für die erkrankte Lyrikerin Marianne Gaponenko war kurzfristig Csilla Syilagyi eingesprungen. Syilagyi  ist   1965   als  Rumänin deutsch-ungarischer  Abstammung  in Siebenbürger geboren, seit 15 Jahren lebt sie in Deutschland, in Göttingen hat sie  Medizin  studiert.  Neben  diesem Broterwerb widmet sie sich der lyrischen Seite des Lebens, übersetzt außerdem aus dem Rumänischen und Ungarischen. Vielschichtig beschäftigt sich die 35-Jährige in ihren durchweg ungereimten Gedichten mit der menschlichen Existenz, wobei es ihr hervorragend gelingt, mit wenigen Worten Stimmungen zu erzeugen. Es sind eigenartige Texte, mit denen sie ihre Leser- und Zuhörerschaft in die Tiefen des Lebens zieht. Sie selbst tritt dabei nicht ausschließlich als bloße Beobachterin auf, sondern kriecht in ihren Texten in fremde Häute ...

feuerwerk blau 1 


Csilla1ich bin ein teil der schlange, ein glied

ich krieche

mit dem kalten bauch berühren wir

die strecke, die zurückgelegte,

die uns voranschiebt

 

 oder wird zum Bestandteil eines natürlichen Prozesses

 

heute ergraute der groll

und die trauben vergingen trocken

(...)

in den nächsten jahren

trinkt man gerne die Weisheit

meiner scham

ich bin der wein.

 

Viele der Gedichte erscheinen als unvollendete Gedanken, als Denkanstöße. Reich an Metaphern wirft die Autorin in ihren Gedichten Fragen auf wie „Ist der Tod des Alters anders als der Tod der Krankheit?" Daß sie Antworten nicht anbietet, macht die Gedichte sympathisch  und  letztendlich  menschlich. Vielmehr gibt sie eigene Ungewissheit preis: Ich weiß nicht, wie ich sterben soll. Die meisten der an diesem Abend gelesenen Gedichte entstammen ihrem Lyrikband „die zeit atmet", der 1996 bei der hannoverschen Edition LiterArt erschienen ist und von Mehdi Parzivian, einem 38-jährigen Iraner mit Zeichnungen illustriert wurde. Weiterhin präsentierte sie einige neue und bisher unveröffentlichte Texte sowie einige Gedichte, die sie für die kürzlich in Hannover-Linden stattgefundene Ausstellung „Die vier Elemente" geschrieben hat. Als Abschluss las Syilagyi den Monolog eines Obdachlosen - Teil eines Kurzdramas, das eventuell bald für die Bühne bearbeitet werden soll. Die „Wort am Sonntag''-Lesereihe geht nun in die Sommerpause, die nächste Lesung im Stadtmuseum ist für den 8. Oktober angeplant.

STEFAN HEUER

 

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Text aus: Haz-Anzeiger für Burgdorf und Lehrte, 6.3.2001                                            

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Souverän und charmant mit einem ernsthaften Lachen

Außergewöhnliche Scena-Lesung mit Maarten Güppertz begeisterte zahlreiche Zuhörer im Burgdorfer Stadtmuseum

 

 

 

Maarten GüppertzAm vergangenen Sonntag war es soweit: Erstmals unter neuem Namen „X-Libris – Literatur entdecken!“ hatte Scena, der Kulturverein im VVV, zu einer weiteren Lesung ins Burgdorfer Stadtmuseum eingeladen. Zu Gast war der Schauspieler und Lyriker Maarten Güppertz, 1949 in den Niederlanden geboren, absolvierte von 1971-1977 sein Schauspielstudium an den Hochschulen in Utrecht und Antwerpen. Als Mitglied der der amerikanischen Theatergruppe „The players theatre of New England“ und des holländischen Ensembles „Consigne 8“ spielte er in zahlreichen Ländern die unterschiedlichsten Rollen, ehe er sich im Jahre 1983 dauerhaft in Deutschland niederließ. Nach Engagements am Mühlheimer Theater an der Ruhr, in Nordhausen, Basel und Zwickau spielt er zur Zeit am Stadttheater Hildesheim. Parallel zur Shauspielerei widmet sich Maarten Güppertz der Lyrik.

 

Die Lesung in Burgdorf war erst seine fünfte überhaupt – anzumerken war es ihm nicht. Spontan suchte er die Texte aus, die ihm lesenswert erschienen. Souverän, sich der Wirkung seiner mit geringfügigem Dialekt behafteten Stimme bewußt, brachte er Zeile um Zeile unter die Zuhörerschaft. Ging zu schnell? Kein Problem! Güppertz hatte zu Beginn der Lesung angeboten, seine Gedichte bei Bedarf auch mehrmals zu lesen, und von diesem Luxus machte das Burgdorfer Publikum nur zu gerne Gebrauch. Wortgewaltig und reich an Metaphern sind seine Texte, intelligent, aber nicht zu kopflastig. Die Spanne reicht von autobiographischen Gedichten über die Kindheit in Küstennähe bis hin zu Texten über Vergänglichkeit und die seelische Beschaffenheit des Menschen.

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Nebenbei outet sich der Autor als Ringelnatz-Kenner und –Anhänger, und wie Ringelnatz würzt er viele seiner Gedichte mit einem Schuß trockenen Humors. Während viele ausschließlich mit Lyrik gestalteten Lesungen in einem literarischen Fiasko enden, weil die Zühörer nach spätestens fünf Gedichten schlichtweg überfordert sind, meistert Güppertz dieses Problem ohne jede Mühe. Immer wieder unterbricht er seinen Monolog und läßt sich auf Fragen aus dem Publikum ein. Wie er denn auf seine Gedichte komme, in welchen Situationen er denn schreibe. Der charmante Niederländer gibt bereitwillig Auskunft.

 

feuerwerk buntEr erzählt über das Theater im Allgemeinen und seine Erlebnisse im Besonderen, erweist sich als Mensch mit Ecken und Kanten, phantasiert über die positive Naivität der Kindheit, zeigt sich politisch informiert und engagiert. Mit einer Flasche „lyrischen Lebenssaftes“ und einem warmen Applaus verabschiedete sich Burgdorf von einem eindrucksvollen Lyriker.

Stefan Heuer

 

 

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Text aus: HAZ – Anzeiger für Burgdorf und Lehrte  21.8.2001                      

 

Absurde Begegnung mit Helena

feuerwerk gelb 2Lesung der X-Libris-Reihe im Burgdorfer Stadtmuseum

 

 

Zur Wiederaufnahrne der Scena-Lesereihe „X-Libris“ nach der Sommerpause hatte sich auf der Galerie des Burgdorfer Stadtmuseums ein gutes Dutzend Literaturfreunde eingefunden, um den Worten der 1970 in Einbeck geborenen Christine Kappe zu lauschen. Die Autorin. die bereits Veröffentlichungen  in Zeitschriften und Anthologien vorzuweisen hat. arbeitet nach ihrem Studium der Germanistik und Geschichte als freiberufliche Schriftstellerin und Grafikerin. Bereits in der Kurzprosa, die den ersten Teil der Lesung bildete, wurde die Thematik fast aller gelesenen Texte deutlich: Kommunikationsstörungen. Die Autorin befördert dieses Thema auf verschiedene gesellschaftliche und zeitliche  Ebenen, schildert  die  Mißverständlichkeit zwischen den Menschen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. So zum Beispiel aus der Sicht eines Angestellten, der seine Mittagspause nicht im, sondern vor dem Gebäude verbringt, und der sich aus diesem Grunde die immerfort gleichen Frage gefallen lassen muß. Ob in „Der Ton" oder „Begegnung mit Helena": Kontinuierlich schleichen sich lyrische Zwischentöne in Kappes grundsätzlich ernste Prosa. Die Autorin läßt die komischen Momente, die sich beim Kommunizieren ergeben können, außen vor fahndet lieber nach den Fehlern zwischen Sender und Empfänger und wird schnell fündig.

feuerwerk bunt   Die Bruchstellen der Texte und die kleinen Pausen werden durch die Cellistin Corinna Eikmeier mit Tönen gekittet, wie man sie nur selten zu hören bekommt. Skurril anmutende Tonpassagen im breiten Spektrum von zart bis kratzig-brutal. Nach einer kurzen Pause präsentierte die in Hannover lebende Autorin einige Auszüge aus ihrem Theaterstück „Helena", das voraussichtlich im Herbst 2002 uraufgeführt werden soll. Das Stück entbehrt nicht einer gewissen Komik, ist in zahlreiche Szenen gegliedert, spielt an verschiedenen Schauplätzen (New York. München, auf dem Olymp) und zu verschiedenen Zeiten zwischen 2005 und 2040. Zwischen Nacktheit und Zigaretten entspannen sich Dialoge über Lebensgewohnheiten und Seelenzustände. Es geht um Freundschaft. Abstand und Nähe, und wenn es auch nicht immer leicht ist, den komplexen Sinn des Werkes zu erfassen, so ist es doch auf jeden Fall unterhaltsam. Sätze wie „Du hattest Erdbeeren in den Taschen, du hast sie verloren. Jemand  kann  sie in  einen Briefkasten werfen, dann kommen sie zu dir zurück", sorgten im Publikum für erstaunte Lacher und ein entspanntes Ende der Lesung.     

STEFAN HEUER

feuerwerk blau 1 

 


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Zwischen Reykjavík und Wladiwostok

X-Libris-Lesung mit Ralf Harner im Stadtmuseum

 

 

feuerwerk buntfeuerwerk blau 1„Zu meiner Person gibt es nicht viel zu sagen.“ Mit diesen Worten begann der im saarländischen St. Ingbert beheimatete Autor Ralf Harner seine Lesung im Burgdorfer Stadtmuseum, zu der er auf Einladung des Kulturvereins Scena am vergangenen Sonntag angetreten war. Dass diese Aussage nicht der Wahrheit entsprach, ließ sich bereits bei einem kurzen Blick auf die Biographie des 43-jährigen erahnen. Der gebürtige Trierer verdingte sich nach einer Ausbildung zum Erzieher für mehrere Jahre als freischaffender Schriftsteller, bevor er 1989 wieder in seinen erlernten Beruf zurückkehrte, der ihm „erfreulicherweise genügend Zeit zum Schreiben“ ließ – über 1000 Gedichte, zahlreiche Prosatexte und Theaterstücke sind dabei bis heute entstanden. Bereits 1984 gründete er seinen eigenen Verlag, die Edition Thaleia, in der bis heute über 50 Einzel- und Sammelbände erschienen sind. Immer wieder unterbrach er sein Leben in Deutschland, um ausgedehnte Reisen, vornehmlich nach Island und Sibirien, zu unternehmen. Eine Tatsache, die den Verlauf des Abends thematisch beherrschen sollte.

feuerwerk blau 1     Harner fand den lyrischen Einstieg mit Texten, die er auf eine Reihe von Gemälden Paul Cezannes geschrieben hat, ging dann auf Gedichte aus dem 1996 im Empedokles-Verlag erschienenen Band „Zwischen Farben und Versen“ über, ein Buch, das in enger Zusammenarbeit mit der Malerin Edith Steffen-Noll entstand. Gegenseitig ließ man sich im Wechsel zu Wort oder Bild inspirieren. Entstanden ist eine eindrucksvolle Korrespondenz zwischen Kunst und Literatur, die in weiteren Bänden auch im Prosabereich fortgesetzt wurde. Der zweite Block der Lesung war Island gewidmet, dem „Land der Elfen und Trolle“. In bisher noch unveröffentlichten Prosaminiaturen spürte Harner dem Gefühl des nördlichen Inselstaates nach: Moos und Vulkane, Trolle und Geysire, allesamt verwoben in kleine Geschichten um Mythologie und Naturerscheinungen. Mit einigen poetischen Sätzen fasst der Autor sein Interesse und seine Liebe zu diesem Land zusammen: „Aschestürme und eine unwirkliche Stille, wie ich sie bisher nur dort erlebt habe. Dieses Land, ein unbekanntes Zwitterwesen, gebiert sich selbst zu Tode.“ Harner bekennt sich zur traditionellen Dichtung, sucht teilweise auch das strenge Versmaß. Dass er sich dennoch auch auf weltpolitischen Realismus versteht, demonstrierte er mit einer augenzwinkernden Hommage an den deutschen Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki. In einer Adaption des „Literarischen Quartetts“ lässt er Reich-Ranicki Sätze wie „Ein Schriftsteller muss leiden!“ oder „Und wo er nicht leidet, muss er zumindest Probleme bearbeiten!“ sagen. Seinen „humoresken Beitrag zur Moderne“ sieht er in der „Anprangerung von Betroffenheitslyrik und dem Aufruf zum fairen und realistischen Umgang mit Vergangenheit und Gegenwart.“ Und auch die sogenannte Avantgarde bekam ihr Fett weg: „Nicht alles, was man nicht versteht, muss Kunst sein!“

feuerwerk gelb 2     Nach der Pause fand seine zweite geographische Liebe ausgiebige Erwähnung. Unter Zuhilfenahme gleich zweier Bücher, „Haus mit den geborstenen Wänden“ und „Sibirische Seele“, verbreitete Ralf Harner die karge Atmosphäre, die er selbst bei seiner mehrmaligen Bereisung der unendlichen Tundra-Weiten erfahren hat. Die Tatsache, dass er „Sibirische Seelen“ bereits vollendet hatte, bevor er zum ersten Mal in Sibirien gewesen war, erinnert an den Sachsen Karl May und dessen Erzählungen über das ihm unbekannte Nordamerika. Zum Abschluss der Lesung beschrieb Harner mittels einiger kurzer Prosatexte seine „Unfähigkeit, nach den Erlebnissen zwischen Reykjavík und Wladiwostok in Deutschland wieder eine Heimat zu finden“.

Nach Beendigung der eigentlichen Lesung stand der Weitgereiste dem übersichtlichen Publikum noch für Fragen zur Verfügung. Und auch auf die Frage eines Zuhörers, warum denn so viele der vorgetragenen Texte vom Tode handeln würden, fand der sympathische Autor eine lyrische Antwort: „Wir werden halt alle mit einem kleinen Tod geboren.“ Ein schönes Schlusswort.

 

Stefan Heuer

 

 

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 Text aus: Haz, Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 5.3.2002

 

 

Stadtmuseum / Lesung

 

Auf der Suche nach Sinn

 

 

Kersten Flenter 2„Wir taten es, und der Griff nach dem Geldschein war die zärtlichste Geste, die ich für sie hatte“ – wer die Lesung des Hannoveraners Kersten Flenter im Burgdorfer Stadtmuseum besuchte, den erwarteten keine zarten Lyrik-Gebilde. Flenter, der sich im subkulturellen Literaturbetrieb einen Namen gemacht hat, ist bekannt für seine lebensnahen und schnörkellosen Schilderungen.

 

Am Sonntag las er aus seiner beim Killroy Media Verlag erschienenen Erzählung „Junkie-Ufer“, einer Milieustudie mit autobiographischen Einflüssen. Schauplatz der Geschichte ist Hannovers Stadtteil Linden, in dem der Mittdreißiger seit vielen Jahren wohnt und die Straßen und ihre Bewohner studiert. Nicht selten wurde er dabei mit den Ecken und Kanten des Lebens konfrontiert, um die, die Heile-Welt-Soaps im Vorabendprogramm einen Bogen machen. Die Protagonisten des „Junkie-Ufers“ sind gescheiterte Existenzen. Da gibt es Luna, schwanger und drogenabhängig, außerdem Rita, eine Alte, die sich von Obst ernährt, welches sie nach dem Markttag vom Asphalt klaubt. Weitere Personen tauchen auf: Pfandflaschensucher, Säufer, Kioskbesitzer und Prostituierte. Sie alle bilden einen Kosmos, sind auf der Suche nach dem Sinn des Lebens – jenseits der Betäubung. So düster das Bild sein mag, das der Autor vom Leben zeichnet: stets bindet er die Ereignisse mit der ihm eigenen Art von Humor, mit dem er seine Figuren am Leben hält und sie durch Kapitel wie „Das Waisenhaus für ausgesetzte Träume“ begleitet.

 

Zwei Dutzend Zuhörer hingen förmlich an Flenters Lippen. Der 35-jährige dürfte seine regionale Anhängerschaft vergrößert haben.

 

Stefan Heuer

 

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Text aus: HAZ, Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 23. 04. 2004

 

 

Musikalisch-literarischer Dialog

           Scena-Bonbon für Mutige

 

 

Lyrik oder Poesie und Akkordeon – kann das zusammenpassen? wer Zweifel hatte, konnte sich am Mittwoch eines Besseren belehren lassen. Die Springer Autorin und Rezitatatorin Barbara Macherius (59) und die Hannoversche akkordeonistin Tatjana Bulava (39) nahmen ihr Publikum mit einem musikalisch-literarischen Dialog gefangen und zwar „Wechselweise“, wie ihr Programm heißt. Eingeladen hatte der Kulturverein image032Scena im VVV.

   Alltägliches ist das, was die über Hannover hinaus bekannte Wortkünstlerin Macherius mit ihren Gedichten und erzählungen aufgreift. Sie macht die Masken, mit denen wir uns umgeben zum Thema, den Nutzen des Eigensinns oder den ersten Hautkontakt der Verliebten. All das erobert sie meist frei rezitierend mit spielerischer Sprache. In stets verständlicher aber nie simpler Wortwahl lotet sie die Begebenheiten mal nachdenklich, mal tiefsinnig oderauch ironisch aus.

   Mit dem „Bajan“ genannten Knopfinstrument untermalt Bulava das Gesprochene souverän mit passenden Klangfarben. Mal verstärkt die gebürtige Ukrainerin die Worte musikalisch quasi als Resonanzkörper. Dann breitet sie interpretierend Maherius’ heitere oder nachdenkliche Worte mit atemberaubender Fingerfertigkeit weiter aus oder setzt musikalisch Kontraste. Bulava bedient sich dafür frei in der Musikgeschichte mit Anklängen an Bach, Chopin, Liszt bis hin zu Duke Ellington. Zunächst gibt Macherius den Ton an und die Musik antwortet. Im zweiten Teil ist der Variationsreichtum der modernen JazzStücke von Wladimir Zubitzkij das Leitmotiv und die Autorin antwortet mit eher melancholischen Motiven.

   Alles in allem ein Scena-Bionbon für Zuhörer, die offene Ohren für neue Hör- und Klangeindrücke haben, ein Abend, der mehr Aufmerksamkeit als die von 20 Zuhörern verdient hätte. Die jedoch applaudierten reichlich.

 

Stefan Heinze

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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