Presseartikel
Datum |
Artikel |
Veranstalter |
21.04.2004 |
Barbara Macherius & Tatjana
Bulava „Wechselweise” |
Scena Burgdorf |
03.03.2002 |
Auf der Suche nach Sinn |
Scena Burgdorf |
18.11.2001 |
Ralf Harner „Orientierungsversuche
zwischen Reykjavik und Wladiwostok“ Hat der Dichter eine Heimat? |
Scena Burgdorf |
19.08.2001 |
Christine
Kappe & Corinna Eikmeier: „Begegnungen mit
Helena“ Absurde Begegnung mit Helena |
Scena Burgdorf |
04.03.2001 |
Souverän und charmant mit einem
ernsthaften Lachen |
Scena Burgdorf |
16.07.2000 |
Csilla Szylagyi „die Zeit
atmet” Die Tiefen der menschlichen Existenz |
Scena Burgdorf |
14.05.2000 |
Elias O. Dunu „naked landskape“ Afrikanische Lyrik und mehr |
Scena Burgdorf |
26.03.2000 |
„Mythenmix“ |
Scena Burgdorf |
Handlung folgt dem Beziehungsreichtum
der Worte |
Scena Burgdorf |
|
28.04.1999 |
Ein Wort-Klang-Erlebnis auf höchstem
Niveau |
Kontext Hildesheim |
13.02.1999 |
Junge Autoren
lesen im Alelier Klaffke Gedichte und Prosa über das Warten und
den Zahnarzt |
Andreas Klaffke Burgdorf |
19.11.1998 |
Schrifttypen
life I
„Auf ein Wort“ Mit Spannung zur Kommunikation |
Kontext Hildesheim |
Text
aus: Hildesheimer Allgemeine Zeitung 22.11.1998
HILDESHEIM. Vielseitig und kreativ präsentierten sich fünf junge „Schrift-Typen“ live im Spanier. „Auf ein Wort“ hatte die neue Literatur-Initiative „Kontext“ eingeladen. Und daß es nicht bei einem Wort bleiben würde, zeigte sich bereits in den ersten Minuten. In clubartiger Atmosphäre im kleinen Hinterzimmer der Gaststätte „Spanier“ bot sich dem dichtgedrängt sitzenden Publikum ein vielfältiges Programm.
Als erster Autor stellte sich der Hannoveraner Mirco Buchwitz
vor, der begleitet von sphärischer Musik ein düsteres Prosagedicht darbot
Beeindruckend war dabei seine freie Vortragsweise und deren Verbindung mit
Elementen der Performance. Der Autor und Verleger ZaunköniG
aus Burgdorf gab einige seiner Gedichte zum besten. Er
trug sie zurückhaltend vor, blieb dabei durch seine Lesart aber etwas im
Hintergrund. Mit mehr Betonung hätten seine bildreichen kunstvoll gereimten
Gedichte ihren Weg zum Publikum leichter gefunden.
Ohne Einleitung legte Dorothea Hillemann aus Hildesheim ein ausdrucksstarkes Gemisch aus kraftvoll-wütenden und zart-emotionalen Gedichten vor. Sicher und mit klarer Stimme erreichte sie die nachdenklich lauschenden Gäste. Mit stark zugespitzten Inhalten wühlte ein junges Prosatalent aus Hannover die Zuhörer auf: Melania Anastasiadou. Bereits im Alter von 24 Jahren hat sie ihren ganz eigenen Stil, bei dem die Hörer in einem gewaltigen Bilderstrom mitgerissen werden. Die schnelle Lesart ist ihren Texten angepaßt, und die metaphorischen Gedankenströme ihrer Figuren erfordern höchste Konzentration. Allerdings geriet die Lesung für diese Ansprüche etwas lang.
Jens-Hendrik Grumbrecht
ist der jüngste Autor: Neuartige Darreichungsformen verbildlichen seine
Gedichte, erweitern sie durch Accessoires, transportieren sie mit
unterschiedlichsten Gefühlslagen und traten in wechselseitigen Kontakt mit den
Zuhörern.
Im zweiten Teil des Abends zeigten sich
Melania Anastasiadou, Jens-Hendrik Grumbrecht und Mirco Buchwitz
noch einmal auf ihre jeweils eigene Art. Durch die Präsentationsmittel ergaben
sich Spannung, Bewegung, Aktion und Kommunikation mit dem Publikum.
Den Abschluß bildete ein als „Dialog“ angekündigtes Duo-Ensemble mit Dorothea Hillemann und ZaunköniG. Im unregelmäßigen Wechseln reagierten sie mit Gedichten aufeinander. Einige davon blieben an der Oberfläche, andere, wie ein Liedtext der jungen Autorin berührten tiefgreifend. Unklar war gelegentlich, was die Texte miteinander zu tun hatten, ein Dialog war schwer erkennbar. Ganz am Ende schwangen sich die beiden auf „Schmetterlingsflügeln in ein bewegtes gelesenes Duett und rundeten die Veranstaltung auf diese Weise schwungvoll ab.
Ein gelungenes Ereignis der Initiative
„Kontext“, das den Auftakt zur Reihe „Schrift-Typen live“ bilden soll. Als zweite Veranstaltung im
April planen die Organisatoren ein interdisziplinäres Ereignis aus Musik,
Malerei und Literatur. Bleibt der gute Rat, den nächsten Abend etwas kürzer zu
gestalten.
ros
Aus der Haz,
Anzeiger für Burgdorf und Lehrte, 16.02.1999
Gedichte und Prosa über das Warten und den Zahnarzt
Junge Autoren lesen im Atelier Klaffke
Lyrik ist unzeitgemäß: Nur wenige
Zuhörerinnen hatten sich mitten im Fasching die Zeit für eine Lesung genommen.
Stefan Heuer, Dirk Strauch und Sannah Rosalin Blue stellten im Atelier Klaffke
sehr unterschiedliche Arbeiten vor.
Heuer, der in der Jugendpflege der Stadt
Burgdorf arbeitet, hatte sich für eine Kurzgeschichte entschieden. Sein
Erzähler protokolliert im Vorbeigehen Beobachtungen und Begegnungen auf der Straße
und nimmt unwirklich erscheinende Dialoge wahr. Unversehens vergehen ihm die
Jahreszeiten. Auch einen Traum über einen Zahnarztbesuch und das eigene Sterben
beschreibt der Burgdorfer Autor in der für ihn
typischen Distanz. „Komisch, daß du immer krank
wirst, wenn bei Opa im Garten was zu tun ist“, meint seine Mutter im Traum, und
die Zuhörer lachen.
Der anschließende Text, den Heuer und ZaunköniG – im bürgerlichen Leben Dirk Strauch – gemeinsam
vortragen, fordert ihnen besonders viel Konzentration ab. Es geht um Züge und
Wale, um Evolution und Projektion. Der Sonettenkranz
von Dirk Strauch enthält so viele bedenkenswerte Sätze, daß
man sie gerne noch einmal nachlesen würde. Glücklicherweise hat der gebürtige
Lehrter, der auch die Burgdorfer Literaturzeitschrift
„Vogelfrei“ herausgibt, einige Gedichtbände mit eigenen arbeiten und Texten von
schreibenden Kollegen mitgebracht. Vorerst lauschen die Gäste versunken. Am
Ende fügen sich Sätze wie „Es blieb nur Gewohnheit vom Kult“ und „Ich drehe
mich immer im Kreis“ zusammen mit Bildern wie „ein Topf mit verblichenem
Kreppsaum“.
Sannah Rosalin Blue
liest ihre komprimierte Lyrik lieber im Stehen und Gehen. Das Gedicht „Warten“,
das sie erstmals bei einer Lesung in der Justizvollzugsanstalt Hildesheim
vorgetragen hat, bekommt dadurch eine besondere Dynamik. Für einen Text mit dem
Titel „Die Wand“ wirft die Hildesheimer Studentin ein paar wilde Pinselstriche
auf eine vorbereitete Papierbahn. Im Hintergrund läuft ein Tonband mit
Industrie- und Verkehrslärm. Den mißglückten
Annäherungsversuch eines schleimigen Verehrers schildert sie in einer
Kurzgeschichte mit überraschendem Ausgang.
In ihrer Unterschiedlichkeit ergänzten
sich die Arbeiten der drei Jung-Lyriker aus der Region. Bei ihrer nächsten
Lesung ist ihnen mehr Publikum zu wünschen. In Hildesheim haben Sannah Rosalin Blue und andere
Autoren ihre Texte in einem Bus vorgelesen. Vielleicht lassen sich mehr
Menschen auf Lyrik ein, wenn sie zu ihnen kommt.
Sabine Szameitat
Text aus: Vollmond, Juni 1999.
Ein Wort-Klang-Erlebnis auf
höchstem Niveau
Was die junge Literatur-Initiative
KONTEXT gestern Abend in der Bischofsmühle darstellte, braucht den Vergleich
mit Weltstadt-Literaturveranstaltungen nicht zu scheuen. Mit einer
einfühlsamen, witzigen und zugleich professionellen Moderation von Frank Wolf
und seiner Überleitung zu Andreas Steinert, der den Abend mit seinem
Gitarrenspiel umrahmte, wurde den Gästen in der bis zum letzten Platz besetzten
Bischofsmühle klar, daß sie sich bei dieser
Veranstaltung auf einen Rundum-Wohlfühlabend eingelassen hatten.
Rosalin Blue (Susanne Fiessler)
begeisterte mit der szenischen Darstellung ihrer teils skurilen
und expressiven, teils auch gefühlsbetonten Gedichte. Als besonderes Experiment
hat sie sich an diesem Abend auch auf Prosa eingelassen, „ein Versuch, der sich
unbedingt wiederholen sollte.“ war die einhellige Meinung des Publikums!
Michael Demuth, ein junger Künstler, der
mit Sensibilität, feinem manchmal hintersinnigem Humor und durchklingender
Liebe zu Kindern sein Märchen über einen Kobold in hervorragender Weise
darstellte, bot der Veranstaltung einen nächsten Höhepunkt. Andreas Steinert schloß sich mit seinen politisch-lyrischen Gedichten auf
der Gitarre an und bot damit das nächste Highlight, bevor das Publikum in eine
durch rege Diskussion und begeisterte Freude geprägte Pause entlassen wurde.
Mit exzellent inszenierten Gedichten und
hervorragender Darstellung zog Jürgen Witczak die
Zuschauer sogleich wieder in seinen Bann, und wer glaubte eine weitere
Steigerung des Hörgenusses sei nicht mehr möglich, sah sich DAN mit ihrer
„Lyrik vom Seziertisch“ gegenüber. Die junge Künstlerin, mit bundesweitem
Bekanntheitsgrad, als die Krönung des Abends zu bezeichnen, wäre allen
Darstellern gegenüber ungerecht, denn jeder auf seine Weise ist ein Künstler
auf höchstem Niveau. Das Publikum belohnte DAN mit tosendem Beifall. Der Maler Cherubin fing die Stimmung des Abends mit seinen Bildern
ein und rundete damit den Kunstgenuß ab.
Für Licht und Fotografie zeichneten Petra
Malin Salisch und Klaus Seidel verantwortlich und
rechtfertigten damit ihren Anteil an dem rundum gelungenen Abend. Das
erheiternde Zusammenspiel des Tontechnikers Tobias Bosse mit den Akteuren darf
nicht unerwähnt bleiben. Der Zuschauer hatte den Eindruck einer miteinander
trefflich harmonierenden Gruppe junger Menschen. Ein riesiges Lob und
Dankeschön an die Gruppe KONTEXT kam seitens der Besucher zum Ausdruck, „wir
hoffen auf mehr“ war der Tenor der Veranstaltung.
Irene Thies
Text aus: HAZ – Anzeiger
für Burgdorf und Lehrte 27.05.1999
„Scena“-Literaturreihe:
Christine Kappe las im Atelier Klaffke aus ihrem
Kurzroman „2A“
Einem grünen
Pfeil konnten die Literaturfreunde von der Bahnhof- in die Rolandstraße folgen,
wo der „Scena“-Vorsitzende Matthias Schorr persönlich die Gäste der Lesung in den Hinterhof und
weiter über die Freitreppe ins Atelier Klaffke
führte. Doch zu oft mußte er die Stufen nicht nehmen.
Inklusive des gastgebenden Malers, der Autorin Christine Kappe und seiner
selbst waren es am Ende sieben Personen – genauso viele wie in „2A“, dem
romantisch-absurden Kurzroman der 28jährigen Hannoveranerin.
Für die, die
sich aufgemacht hatten zu lauschen, wurde die jüngste Auflage in der
Literaturreihe des Kulurvereins Scena „Wort am Sonntag“ trotzdem ein großer Spaß.
Mit viel Sinn für Humor und Skurriles, immer den absurdesten Wortbezügen auf
der Spur, hat Christine Kappe eine surreale, fast platonische
Siebenecks-Beziehungsgeschichte geschrieben.
Aus der Sicht der Erzählerin lernt man sechs
Männer kennen. Den Nachbarn zum Beispiel hinter seiner Fensterscheibe vis-a-vis, dem sie selbst die
Stimme gibt, um Gedanken mit ihm auszutauschen. Oder Södan
mit der glatten Haut, der aus dem Meer kommt, wo es am tiefsten ist: „Die
Fische in seinen meerblauen Augen fraßen sich gegenseitig die Köpfe ab.“ Und da
zeiht sich die Ich-Erzählerin selbst der „Taktlosigkeit der Erinnerung.“ Am Ende
verliert der Zuhörer den Boden unter den Füßen, als sich die Frau als Erfindung
ihrer sechs Männer zu erkennen gibt.
„Surrealisten
sind meine großen Vorbilder“, verriet Christine Kappe nach dieser Lesung kein
Geheimnis mehr, Boris Vian sei ihr vielleicht der liebste unter ihnen. Der
Titel der Liebesgeschichte „2A“ ist die Bezeichnung einer der vielen möglichen
Variationen der verzwickten Beziehungen zwischen Handelnden.
Unterwegs in der Region durch Buchgeschäfte,
Cafes und Freizeitheime ist Christine Kappe zur Zeit auch mit „Variationen der Stille“, einer szenischen
Lesung mit Musik. Nach ihrem Germanistikstudium und einem Literaturförderpreis
der Stadt Leipzig hat sie sich mit Lesungen im hannoverschen „Literarischen
Salon“ sowie in der freien wie der etablierten Theaterszene getummelt. Leben
kann man davon nicht, siehe die bescheidene Zuhörerkulisse in Burgdorf. Ihr
Geld verdient die junge Frau ganz unliterarisch in
einer Druckerei.
mal
Aus der HAZ – Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 28.März 2000
Mythen-Mix zwischen Gott und Pac-Man, Marx und rosa Duracellhäschen
Erstmals
in den frühen Abendstunden, nicht am Vormittag wie bisher, fand am Sonntag eine
Lesung der Scena-Lesereihe, dem "Wort am
Sonntag", statt. Bedingt durch diese Tatsache, aber auch durch einen
gewissen Bekanntheitsgrad, den sich Mirco Buchwitz in
den letzten Jahren durch zahlreiche Lesungen in der Region erarbeitet hat,
fanden immerhin gut zwanzig Literaturinteressierte den Weg ins Burgdorfer Stadtmuseum, um den Geschichten des 25jährigen
Hannoveraners zu lauschen.
Und das Publikum sollte etwas geboten bekommen. Als "Mythenmix zwischen Marx und Pacman, zwischen Gott und rosa Plastikhäschen" war sein literarisches Schaffen angekündigt worden, und wer diese Ankündigungen für überzogen gehalten hatte, sollte schon bald eines Besseren belehrt werden. Aus dem Rücken der ZuhörerInnen erschien Buchwitz zum ersten Text, einem an einem Handy immitierten Dialog mit einem Freund, den er zunächst in überzeugtem Ton dazu aufforderte, sich mehr um globalpolitische Problematiken als um seine privaten Angelegenheiten zu kümmern, um bereits kurz darauf selbst in selbstmitleidige Aufarbeitung seines Privatlebens zu verfallen. Nachdem zum Entzücken des Publikums eine Tüte mit Schaumgummi-Erdbeeren durch die Reihen gegangen war, trat das rosa Plastikhäschen in Aktion, verwickelte den Hannoveraner in einen Dialog und überredete ihn zu einem Tausch, während dem der Erzähler nach und nach um ein Gliedmaß nach dem anderen gebracht wird, um sich schließlich selbst als Hase vor dem Badezimmerspiegel wiederzufinden. Eine skurille Geschichte folgt auf die nächste, wird präzise betont, gestenreich und ohne einen Blick auf ein Manuskript vorgetragen. Ein Grundtenor, ein roter Faden, an den sich der Autor zu halten versucht, ist nicht auszumachen. Die Männer in seinen Texten zeigen nur ungern ihre wahren Gefühle, persiflieren sich und das Machotum durch Aussprüche wie "Nein, nein, ich weine nicht. Das ist Angstschweiß, der mir aus den Augen rinnt." Erfrischend abwechslungsreich kombiniert er die spätachtziger Schmuddelshow "Tutti-Frutti" mit Naturlyrik von Hesse, philosophierend erzählt er von seinem intensivsten Naturerlebnis (als er einmal auf LSD an einen Baum urinierte), wobei er "der Versuchung zu widerstehen hat", sich dabei in die Wiesenlandschaft zu stellen, die als Dekoration zur momentan im Museum stattfindenden Aue-Ausstellung angelegt ist.
Auf eine kurze Pause folgen zwei längere
Texte, die Buchwitz, ungewohnt für seine
Zuhörerschaft und sich selbst, abliest. Beide Geschichten, eine von ihnen ein
Auszug aus einem geplanten Roman, sind etwas härter in ihrer Wortwahl,
geradliniger als die ersten Texte der Lesung. Aber auch damit kann er
überzeugen. Buchwitz ist sich seiner Sache sicher,
sicher auch im Vortrag und im Dialog mit seinem Publikum, das er an einigen
Stellen mit einbezieht und sogar dazu auffordert, ihn auf Handzeichen hin mit
einem Seufzen zu begleiten. Seit Jahren spielt und singt er in den
verschiedensten Musikformationen, zur Zeit bei der
Gruppe "Spielstation", mit der er im Februar das
Veranstaltungszentrum "Silke Arp" in Hannover ausverkaufen konnte.
Nach eineinhalb
Stunden fand die Lesung in verdient langem Applaus ihr Ende, und ein wenig
schade war es dann auch noch - allerdings nur für diejenigen, die nicht zu der
Lesung gekommen waren.
Aus
der HAZ – Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 17. Mai 2000
Never change a winning time. Dieser
aus dem Sportbereich entliehenen, etwas abgeänderten Weisheit folgend, hatten
die Organisatoren des Kulturvereins Scena nach der
gut besuchten "Wort am Sonntag"-Lesung im April, auch die Mai-Lesung
der Veranstaltungsreihe in die frühen Abendstunden gelegt. Dass eine
angenehmere Uhrzeit und ein guter Autor nicht zwangsläufig eine große
Zuhörerschaft mit sich ziehen, blieb als Erkenntnis, denn mit den
Feierlichkeiten des Muttertages und hervorragendem Biergartenwetter hatte die
Veranstaltung eine starke Konkurrenz. Eine zu starke Konkurrenz, wie sich
herausstellen sollte, denn nur 5 Zuhörer lauschten den
Versen des Nigerianers am vergangenen Sonntag.
Dunu, 1961 im
Tschad geboren, flüchtete als junger Erwachsener vor dem im Tschad
ausbrechenden Bürgerkrieg nach Nigeria. Dort studierte er deutsche, englische
und schwarzafrikanische Literatur. Nach erweitertem Studium und Promotion in
Deutschland kehrte er nach Nigeria zurück und lehrte Deutsch an der Universität
von Nsukka. Trotz längerer Auslands-Aufenthalte
verlor er die politischen und sozialen Mißstände in
Nigeria, seinem "Heimatland", nie aus den Augen. Schon früh
engagierte sich Elias Dunu in der nigerianischen
Bürgerrechtsbewegung United Democratic Front of
Nigeria (UDFN), deren Sprecher er von 1997 bis 1999 in Deutschland war, und in
deren Vorstand er noch heute tätig ist.
Die politische Motivation seiner Texte wird
auch an diesem Abend schnell deutlich. Zwar sind die Gedichte sensibel genug,
dem Publikum die Mißstände seiner Heimat nicht mit
dem Holzhammer aufzuzeigen, die Problematik schwebt jedoch latent über den
Texten. Viele der Gedichte spiegeln die Hoffnung auf Veränderung wider, rufen
zum Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt auf. In Dunus
Worten: "Sei nicht ein leiser Flötenspieler inmitten der Menge / Jedoch das unbezwingbare Heulen eines
Sandsturms". Aber Dunu kann auch anders, streut
Liebesgedichte und lyrische Beschreibungen seines Kontinentes ein.
Der seit neun Jahren in Hannover lebende
Autor liest in ausgezeichnetem Deutsch, sehr betont. Die vorgetragenen Gedichte
entstammen ausnahmslos seinen bisherigen beiden Lyrik-Publikationen, dem 1995
erschienenen, zweisprachigen Band "Inner
Slums" (dtsch: "Herznebel"), sowie dem
1998 veröffentlichten Buch "Naked Landscape", für das er ein Jahr später den
nigerianischen Lyrik-Preis erhielt.
Nach gut 50 Minuten beendet der in
afrikanischem Gewand ("Ashuoke") gekleidete
38-jährige Autor den eigentlichen Teil der Lesung, steht dann aber noch
ausgiebig für Fragen zu seinen Texten, zu seiner Person und zur aktuellen
politischen Situation in seiner Heimat zur Verfügung. Zurück bleibt die
Erinnerung an einen gelungenen und informativen Abend sowie die Hoffnung, dass
das vielseitige literarische Scena-Programm bei der
nächsten Lesung im Stadtmuseum mit mehr Zuhörern belohnt wird.
Stefan Heuer
Text aus: HAZ-Anzeiger für Burgdorf und Lehrte. 9.7.2000
Die Tiefen der menschlichen Existenz
Burgdorfer Stadtmuseum: Scena-Lesung mit Csilla Szyilagyi
Ein gutes Dutzend Zuhörer hatte sich auf der Galerie des Burgdorfer Stadtmuseums eingefunden, um bei der nunmehr zehnten Lesung der Scena-Reihe „Wort am Sonntag" zeitgenössische Literatur und deren Autoren kennen zu lernen. Für die erkrankte Lyrikerin Marianne Gaponenko war kurzfristig Csilla Syilagyi eingesprungen. Syilagyi ist 1965 als Rumänin deutsch-ungarischer Abstammung in Siebenbürger geboren, seit 15 Jahren lebt sie in Deutschland, in Göttingen hat sie Medizin studiert. Neben diesem Broterwerb widmet sie sich der lyrischen Seite des Lebens, übersetzt außerdem aus dem Rumänischen und Ungarischen. Vielschichtig beschäftigt sich die 35-Jährige in ihren durchweg ungereimten Gedichten mit der menschlichen Existenz, wobei es ihr hervorragend gelingt, mit wenigen Worten Stimmungen zu erzeugen. Es sind eigenartige Texte, mit denen sie ihre Leser- und Zuhörerschaft in die Tiefen des Lebens zieht. Sie selbst tritt dabei nicht ausschließlich als bloße Beobachterin auf, sondern kriecht in ihren Texten in fremde Häute ...
ich
bin ein teil der schlange,
ein glied
ich
krieche
mit
dem kalten bauch berühren wir
die
strecke, die zurückgelegte,
die
uns voranschiebt
oder wird zum Bestandteil eines natürlichen
Prozesses
heute
ergraute der groll
und
die trauben vergingen trocken
(...)
in
den nächsten jahren
trinkt
man gerne die Weisheit
meiner
scham
ich
bin der wein.
Viele
der Gedichte erscheinen als unvollendete Gedanken, als Denkanstöße. Reich an Metaphern
wirft die Autorin in ihren Gedichten Fragen auf wie „Ist der Tod des
Alters anders als der Tod der Krankheit?" Daß
sie Antworten nicht anbietet, macht die Gedichte sympathisch und
letztendlich menschlich. Vielmehr
gibt sie eigene Ungewissheit preis: Ich weiß nicht, wie ich sterben soll.
Die meisten der an diesem Abend gelesenen Gedichte entstammen ihrem
Lyrikband „die zeit atmet", der 1996 bei
der hannoverschen Edition LiterArt erschienen ist und
von Mehdi Parzivian, einem 38-jährigen Iraner mit
Zeichnungen illustriert wurde. Weiterhin präsentierte sie einige neue und
bisher unveröffentlichte Texte sowie einige Gedichte, die sie für die kürzlich
in Hannover-Linden stattgefundene Ausstellung „Die vier Elemente"
geschrieben hat. Als Abschluss las Syilagyi den
Monolog eines Obdachlosen - Teil eines Kurzdramas, das eventuell bald für die
Bühne bearbeitet werden soll. Die „Wort am Sonntag''-Lesereihe geht nun in die
Sommerpause, die nächste Lesung im Stadtmuseum ist für den 8. Oktober angeplant.
STEFAN
HEUER
Text aus: Haz-Anzeiger für
Burgdorf und Lehrte, 6.3.2001
Souverän und
charmant mit einem ernsthaften Lachen
Außergewöhnliche Scena-Lesung
mit Maarten Güppertz begeisterte zahlreiche Zuhörer
im Burgdorfer Stadtmuseum
Die Lesung in Burgdorf war erst seine fünfte überhaupt –
anzumerken war es ihm nicht. Spontan suchte er die Texte aus, die ihm
lesenswert erschienen. Souverän, sich der Wirkung seiner mit geringfügigem
Dialekt behafteten Stimme bewußt, brachte er Zeile um
Zeile unter die Zuhörerschaft. Ging zu schnell? Kein Problem! Güppertz hatte zu Beginn der Lesung angeboten, seine
Gedichte bei Bedarf auch mehrmals zu lesen, und von diesem Luxus machte das Burgdorfer Publikum nur zu gerne Gebrauch. Wortgewaltig und
reich an Metaphern sind seine Texte, intelligent, aber nicht zu kopflastig. Die
Spanne reicht von autobiographischen Gedichten über die Kindheit in Küstennähe
bis hin zu Texten über Vergänglichkeit und die seelische Beschaffenheit des
Menschen.
Nebenbei outet sich der Autor als Ringelnatz-Kenner und
–Anhänger, und wie Ringelnatz würzt er viele seiner Gedichte mit einem Schuß trockenen Humors. Während viele ausschließlich mit
Lyrik gestalteten Lesungen in einem literarischen
Fiasko enden, weil die Zühörer nach spätestens fünf
Gedichten schlichtweg überfordert sind, meistert Güppertz
dieses Problem ohne jede Mühe. Immer wieder unterbricht er seinen Monolog und läßt sich auf Fragen aus dem Publikum ein. Wie er denn auf
seine Gedichte komme, in welchen Situationen er denn schreibe. Der charmante
Niederländer gibt bereitwillig Auskunft.
Er erzählt über das Theater im Allgemeinen und seine
Erlebnisse im Besonderen, erweist sich als Mensch mit Ecken und Kanten,
phantasiert über die positive Naivität der Kindheit, zeigt sich politisch
informiert und engagiert. Mit einer Flasche „lyrischen Lebenssaftes“ und einem
warmen Applaus verabschiedete sich Burgdorf von einem eindrucksvollen Lyriker.
Stefan Heuer
Text aus:
HAZ – Anzeiger für Burgdorf und Lehrte
21.8.2001
Absurde Begegnung mit Helena
Lesung der X-Libris-Reihe
im Burgdorfer Stadtmuseum
Zur Wiederaufnahrne
der Scena-Lesereihe „X-Libris“
nach der Sommerpause hatte sich auf der Galerie des Burgdorfer
Stadtmuseums ein gutes Dutzend Literaturfreunde eingefunden, um den Worten der
1970 in Einbeck geborenen Christine Kappe zu lauschen. Die Autorin. die bereits
Veröffentlichungen in Zeitschriften und
Anthologien vorzuweisen hat. arbeitet nach ihrem Studium der Germanistik und
Geschichte als freiberufliche Schriftstellerin und Grafikerin. Bereits in der
Kurzprosa, die den ersten Teil der Lesung bildete, wurde die Thematik fast
aller gelesenen Texte deutlich: Kommunikationsstörungen. Die Autorin befördert
dieses Thema auf verschiedene gesellschaftliche und zeitliche Ebenen, schildert die Mißverständlichkeit zwischen den Menschen aus
unterschiedlichen Blickwinkeln. So zum Beispiel aus der Sicht eines
Angestellten, der seine Mittagspause nicht im, sondern vor dem Gebäude
verbringt, und der sich aus diesem Grunde die immerfort gleichen Frage gefallen
lassen muß. Ob in „Der Ton" oder „Begegnung mit
Helena": Kontinuierlich schleichen sich lyrische Zwischentöne in Kappes
grundsätzlich ernste Prosa. Die Autorin läßt die
komischen Momente, die sich beim Kommunizieren ergeben können, außen vor
fahndet lieber nach den Fehlern zwischen Sender und Empfänger und wird schnell
fündig.
Die Bruchstellen der Texte und die kleinen Pausen werden durch die
Cellistin Corinna Eikmeier mit Tönen gekittet, wie
man sie nur selten zu hören bekommt. Skurril anmutende Tonpassagen im breiten
Spektrum von zart bis kratzig-brutal. Nach einer kurzen Pause präsentierte die
in Hannover lebende Autorin einige Auszüge aus ihrem Theaterstück
„Helena", das voraussichtlich im Herbst 2002 uraufgeführt werden soll. Das
Stück entbehrt nicht einer gewissen Komik, ist in zahlreiche Szenen gegliedert,
spielt an verschiedenen Schauplätzen (New York. München, auf dem Olymp) und zu
verschiedenen Zeiten zwischen 2005 und 2040. Zwischen Nacktheit und Zigaretten
entspannen sich Dialoge über Lebensgewohnheiten und Seelenzustände. Es geht um
Freundschaft. Abstand und Nähe, und wenn es auch nicht immer leicht ist, den
komplexen Sinn des Werkes zu erfassen, so ist es doch auf jeden Fall
unterhaltsam. Sätze wie „Du hattest Erdbeeren in den Taschen, du hast sie
verloren. Jemand kann sie in
einen Briefkasten werfen, dann kommen sie zu dir zurück", sorgten
im Publikum für erstaunte Lacher und ein entspanntes Ende der Lesung.
STEFAN HEUER
„Zu
meiner Person gibt es nicht viel zu sagen.“ Mit diesen Worten begann der im
saarländischen St. Ingbert beheimatete Autor Ralf Harner
seine Lesung im Burgdorfer Stadtmuseum, zu der er auf
Einladung des Kulturvereins Scena am vergangenen
Sonntag angetreten war. Dass diese Aussage nicht der Wahrheit entsprach, ließ
sich bereits bei einem kurzen Blick auf die Biographie des 43-jährigen erahnen.
Der gebürtige Trierer verdingte sich nach einer Ausbildung zum Erzieher für
mehrere Jahre als freischaffender Schriftsteller, bevor er 1989 wieder in
seinen erlernten Beruf zurückkehrte, der ihm „erfreulicherweise genügend Zeit
zum Schreiben“ ließ – über 1000 Gedichte, zahlreiche Prosatexte und
Theaterstücke sind dabei bis heute entstanden. Bereits 1984 gründete er seinen
eigenen Verlag, die Edition Thaleia, in der bis heute
über 50 Einzel- und Sammelbände erschienen sind. Immer wieder unterbrach er
sein Leben in Deutschland, um ausgedehnte Reisen, vornehmlich nach Island und
Sibirien, zu unternehmen. Eine Tatsache, die den Verlauf des Abends thematisch
beherrschen sollte.
Harner fand den
lyrischen Einstieg mit Texten, die er auf eine Reihe von Gemälden Paul Cezannes
geschrieben hat, ging dann auf Gedichte aus dem 1996 im Empedokles-Verlag
erschienenen Band „Zwischen Farben und Versen“ über, ein Buch, das in enger
Zusammenarbeit mit der Malerin Edith Steffen-Noll entstand. Gegenseitig ließ
man sich im Wechsel zu Wort oder Bild inspirieren. Entstanden ist eine
eindrucksvolle Korrespondenz zwischen Kunst und Literatur, die in weiteren
Bänden auch im Prosabereich fortgesetzt wurde. Der zweite Block der Lesung war
Island gewidmet, dem „Land der Elfen und Trolle“. In bisher noch
unveröffentlichten Prosaminiaturen spürte Harner dem
Gefühl des nördlichen Inselstaates nach: Moos und Vulkane, Trolle und Geysire,
allesamt verwoben in kleine Geschichten um Mythologie und Naturerscheinungen.
Mit einigen poetischen Sätzen fasst der Autor sein Interesse und seine Liebe zu
diesem Land zusammen: „Aschestürme und eine unwirkliche Stille, wie ich sie
bisher nur dort erlebt habe. Dieses Land, ein unbekanntes Zwitterwesen, gebiert
sich selbst zu Tode.“ Harner bekennt sich zur
traditionellen Dichtung, sucht teilweise auch das strenge Versmaß. Dass er sich
dennoch auch auf weltpolitischen Realismus versteht, demonstrierte er mit einer
augenzwinkernden Hommage an den deutschen Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki.
In einer Adaption des „Literarischen Quartetts“ lässt er Reich-Ranicki Sätze
wie „Ein Schriftsteller muss leiden!“ oder „Und wo er nicht leidet, muss er
zumindest Probleme bearbeiten!“ sagen. Seinen „humoresken
Beitrag zur Moderne“ sieht er in der „Anprangerung von Betroffenheitslyrik und
dem Aufruf zum fairen und realistischen Umgang mit Vergangenheit und
Gegenwart.“ Und auch die sogenannte Avantgarde bekam ihr Fett weg: „Nicht
alles, was man nicht versteht, muss Kunst sein!“
Nach der Pause fand seine zweite
geographische Liebe ausgiebige Erwähnung. Unter Zuhilfenahme gleich zweier
Bücher, „Haus mit den geborstenen Wänden“ und „Sibirische Seele“, verbreitete
Ralf Harner die karge Atmosphäre, die er selbst bei
seiner mehrmaligen Bereisung der unendlichen Tundra-Weiten erfahren hat. Die Tatsache,
dass er „Sibirische Seelen“ bereits vollendet hatte, bevor er zum ersten Mal in
Sibirien gewesen war, erinnert an den Sachsen Karl May und dessen Erzählungen
über das ihm unbekannte Nordamerika. Zum Abschluss der Lesung beschrieb Harner mittels einiger kurzer Prosatexte seine
„Unfähigkeit, nach den Erlebnissen zwischen Reykjavík und Wladiwostok in
Deutschland wieder eine Heimat zu finden“.
Nach
Beendigung der eigentlichen Lesung stand der Weitgereiste dem übersichtlichen
Publikum noch für Fragen zur Verfügung. Und auch auf die Frage eines Zuhörers,
warum denn so viele der vorgetragenen Texte vom Tode handeln würden, fand der
sympathische Autor eine lyrische Antwort: „Wir werden halt alle mit einem
kleinen Tod geboren.“ Ein schönes Schlusswort.
Text aus: Haz, Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 5.3.2002
Auf der Suche nach Sinn
„Wir taten es, und der Griff nach dem
Geldschein war die zärtlichste Geste, die ich für sie hatte“ – wer die Lesung
des Hannoveraners Kersten Flenter im Burgdorfer Stadtmuseum besuchte, den erwarteten keine
zarten Lyrik-Gebilde. Flenter, der sich im
subkulturellen Literaturbetrieb einen Namen gemacht hat, ist bekannt für seine
lebensnahen und schnörkellosen Schilderungen.
Am
Sonntag las er aus seiner beim Killroy Media Verlag
erschienenen Erzählung „Junkie-Ufer“, einer Milieustudie mit autobiographischen
Einflüssen. Schauplatz der Geschichte ist Hannovers Stadtteil Linden, in dem
der Mittdreißiger seit vielen Jahren wohnt und die Straßen und ihre Bewohner
studiert. Nicht selten wurde er dabei mit den Ecken und Kanten des Lebens
konfrontiert, um die, die Heile-Welt-Soaps im Vorabendprogramm einen Bogen
machen. Die Protagonisten des „Junkie-Ufers“ sind gescheiterte Existenzen. Da
gibt es Luna, schwanger und drogenabhängig, außerdem Rita, eine Alte, die sich
von Obst ernährt, welches sie nach dem Markttag vom Asphalt klaubt. Weitere
Personen tauchen auf: Pfandflaschensucher, Säufer, Kioskbesitzer und
Prostituierte. Sie alle bilden einen Kosmos, sind auf der Suche nach dem Sinn
des Lebens – jenseits der Betäubung. So düster das Bild sein mag, das der Autor
vom Leben zeichnet: stets bindet er die Ereignisse mit der ihm eigenen Art von
Humor, mit dem er seine Figuren am Leben hält und sie durch Kapitel wie „Das
Waisenhaus für ausgesetzte Träume“ begleitet.
Zwei
Dutzend Zuhörer hingen förmlich an Flenters Lippen.
Der 35-jährige dürfte seine regionale Anhängerschaft vergrößert haben.
Stefan
Heuer
Text aus: HAZ, Anzeiger für Burgdorf und Lehrte vom 23. 04. 2004
Musikalisch-literarischer Dialog
Scena-Bonbon für Mutige
Lyrik
oder Poesie und Akkordeon – kann das zusammenpassen? wer Zweifel hatte, konnte
sich am Mittwoch eines Besseren belehren lassen. Die Springer Autorin und Rezitatatorin Barbara Macherius
(59) und die Hannoversche akkordeonistin Tatjana Bulava (39) nahmen ihr Publikum mit einem
musikalisch-literarischen Dialog gefangen und zwar „Wechselweise“, wie ihr
Programm heißt. Eingeladen hatte der Kulturverein Scena im VVV.
Alltägliches ist das, was die über Hannover
hinaus bekannte Wortkünstlerin Macherius mit ihren
Gedichten und erzählungen aufgreift. Sie macht die
Masken, mit denen wir uns umgeben zum Thema, den Nutzen des Eigensinns oder den
ersten Hautkontakt der Verliebten. All das erobert sie meist frei rezitierend
mit spielerischer Sprache. In stets verständlicher aber nie simpler Wortwahl
lotet sie die Begebenheiten mal nachdenklich, mal tiefsinnig oderauch ironisch aus.
Mit dem „Bajan“
genannten Knopfinstrument untermalt Bulava das
Gesprochene souverän mit passenden Klangfarben. Mal verstärkt die gebürtige
Ukrainerin die Worte musikalisch quasi als Resonanzkörper. Dann breitet sie
interpretierend Maherius’ heitere oder nachdenkliche
Worte mit atemberaubender Fingerfertigkeit weiter aus oder setzt musikalisch
Kontraste. Bulava bedient sich dafür frei in der
Musikgeschichte mit Anklängen an Bach, Chopin, Liszt bis hin zu Duke Ellington.
Zunächst gibt Macherius den Ton an und die Musik
antwortet. Im zweiten Teil ist der Variationsreichtum der modernen JazzStücke von Wladimir Zubitzkij
das Leitmotiv und die Autorin antwortet mit eher melancholischen Motiven.
Alles in allem ein Scena-Bionbon
für Zuhörer, die offene Ohren für neue Hör- und Klangeindrücke haben, ein Abend, der mehr Aufmerksamkeit als die von 20
Zuhörern verdient hätte. Die jedoch applaudierten reichlich.
Stefan
Heinze